Es brauchte erst einen Krieg, bis Grüne und insbesondere die SPD erkannten, dass Friede, Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind. Seit der Krim-Annexion 2014 hatte die unionsgeführte Bundesregierung bis zum Regierungswechsel 2021 den Wehretat um rd. 50% erhöht und dies Jahr für Jahr gegen erhebliche Widerstände beim damaligen Koalitionspartner SPD. Noch bei der letzten Bundestagswahl machte die SPD Wahlkampf gegen „Aufrüstung“ in Deutschland. Auch der Rüstungsindustrie wurden hohe Hürden auferlegt, wenn es um den Export von Waffen oder Teilmaterial an unsere Bündnispartner ging. Das innerhalb der NATO im Jahr 2014 vereinbarte Ziel, mindestens zwei Prozent des BIP für Sicherheit und Verteidigung auszugeben, wurde in Deutschland in keinem Jahr erreicht. Schon vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine war klar, dass die Verteidigungsausgaben bis 2024 um etwa 86 Milliarden Euro aufgestockt werden müssten, um die NATO-Vorgaben zu erfüllen.
Seit nunmehr zwei Jahren tobt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Als Reaktion darauf hat die Bundesregierung mit unserer Unterstützung ein 100 Mrd. Euro schweres Sondervermögen aufgelegt. Diese Schuldenermächtigung verteilt sich auf mehrere Jahre und ist ausschließlich darauf angelegt, die ohnehin bestehende Lücken zu schließen. Dieses Jahr wird Deutschland nun zum ersten Mal zwei Prozent für die Verteidigung aufwenden und das NATO-Ziel erfüllen. Ob dies aber dauerhaft in Zukunft gelingt, steht aktuell in den Sternen. Eine ungewisse Haushalts- und Finanzplanung bedeutet für die Bundeswehr und die Rüstungsunternehmen Planungsunsicherheit. Hinzu kommt, dass das Sondervermögen entgegen seiner ursprünglichen Funktion nun auch zur Finanzierung der Nachbeschaffung von Waffen und Munition für die Ukraine herangezogen werden soll. Während Russland seine Rüstungsproduktion immer weiter ausweitet und Teile der Industrie auf Kriegswirtschaft umgestellt hat, verharrt die Produktion der westlichen Rüstungsindustrie noch weitgehend im Friedensmodus mit kleinen Kapazitäten. Der jüngste SIPRI-Bericht zeigt, dass Europa nicht annähernd in der Lage ist, ausreichend Rüstungsgüter für sich selbst zu produzieren. Deutschland, Frankreich, Polen – alle kaufen derzeit in Massen bei den Amerikanern ein. Innerhalb der letzten 5 Jahre haben sich die Exporte der USA mehr als verdoppelt, während die Produktion westlicher Rüstungsunternehmen stagnierte.
Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland beschäftigt über 150.000 Menschen. Einen großen Teil der Aufträge vergibt die Bundeswehr an mittelständische Unternehmen. Leider bleibt die Verteidigungsindustrie bei der Erfüllung deutscher Sicherheitsinteressen weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Die politischen Rahmenbedingungen erlauben es Investoren und dem Mittelstand nicht, sich an die geänderten geopolitischen Bedingungen nach der Zeitenwende anzupassen. Viele Beschaffungs- und Vergabeverfahren sind kompliziert und dauern zu lang. Ein großer Bremsklotz für einen Kapazitätsaufbau der Verteidigungsindustrie sind die bürokratische Vergabepolitik und die unzeitgemäße und restriktive Exportpolitik. Dadurch sind unsere Unternehmen risikobehaftete Partner bei internationalen Rüstungsprojekten, denn kein anderer Staat will sich von der deutschen Ausfuhrkontrolle abhängig machen.
Mit der neu zu entstehenden Munitionsfabrik in Niedersachsen werden nicht nur 500 neue Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch die Schlagzahl an Munition für ganz Europa erhöht. Obgleich hier nun erste Maßnahmen umgesetzt wurden, sind weitere umfassende Änderungen unerlässlich. Für eine glaubhafte Abschreckung und wirksame Bündnis- und Landesverteidigung braucht Deutschland eine effiziente, innovative und leistungsfähige nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Es braucht in der Zeitenwende endlich Geschwindigkeit. Deshalb haben wir als CDUCSU-Bundestagsfraktion in dieser Woche den Antrag „Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit nachhaltig sichern, Strategie zur Stärkung der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie umgehend anpassen“ eingebracht. Im Mittelpunkt der Forderungen stehen die Einstufung der Verteidigungs- und Rüstungsindustrie als nationale Schlüsseltechnologie sowie deren nachhaltige Förderung, Erhalt und Ausbau, eine vereinfachte und transparentere Ausfuhrkontrolle von Rüstungsgütern, die Anpassung der Beschaffungsprozesse der Bundeswehr unter Einbeziehung der Industrie und eine Stärkung der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, um durch Lastenverteilung und Skaleneffekte die militärischen Fähigkeiten und die Effizienz der eingesetzten Mittel zu erhöhen.
Unseren Antrag finden Sie hier.