Inzwischen ist der Stoff schon verfilmt worden: Wie ein Unternehmen und sein Management mit dubiosen Geschäftspraktiken Anleger blendete und selbst als die Märkte längst misstrauisch geworden waren, immer noch die Finanzaufsicht narrte. Das ist leider kein Krimi, sondern Realität. Der Schaden geht in die Milliarden. Ermöglicht wurde dies mit durch ein Versagen von Bilanzprüfern, aber auch der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) und des Bundesfinanzministeriums. Im Bundestag beschäftigt sich mittlerweile ein Untersuchungsausschuss mit dem Wirecard-Skandal.
Das Versagen ist nicht nur durch mangelnde Möglichkeiten der BaFin entstanden. Experten meinen, die Behörde habe ihre Möglichkeiten nicht ausgeschöpft und hätte beim Wirecard-Konzern ihr Prüfungsrecht nutzen müssen, Hinweise habe es genug gegeben. Stattdessen zockten manche Mitarbeiter der BaFin mit Wirecard-Wertpapieren. Die BaFin strengte sogar Strafanzeigen gegen Journalisten an, die vor der Lage bei Wirecard warnten. Der Skandal strahlt bis ins Bundesfinanzministerium aus, dessen oberster Dienstherr Olaf Scholz gern vollmundig Banken und Finanzunternehmen kritisiert und sich als Regulierer gibt. Wenn es konkret wird, ist sein Handeln leider wenig konsequent. Das Agieren von Olaf Scholz ist kein Einzelfall, wie auch sein Rolle im Cum-Ex-Skandal um nicht erhobene Steuerforderungen zeigt, mit dem sich in Hamburg derzeit ebenfalls ein Untersuchungsausschuss beschäftigt.
Dennoch ist es richtig, dass wir auch gesetzgeberische Lücken schließen. Durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, das wir in dieser Woche beschließen, ziehen wir die notwendigen Konsequenzen aus dem Versagen der Finanzaufsicht. Wichtige Änderungen betreffen eine organisatorische Neuaufstellung der BaFin, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer (u. a. durch eine vorgeschriebene Prüferrotation) und die Aufsicht über die Abschlussprüfer. Bei Verstößen gegen berufsrechtliche Regelungen können nun auch Bußgelder verhängt werden, zudem wird die zivilrechtliche Haftung des Abschlussprüfers erhöht und bei grober Fahrlässigkeit bei kapitalmarktorientierten Unternehmen wird die Haftungsgrenze ganz aufgehoben.
Börsennotierte Aktiengesellschaften werden zudem zur Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Kontrollsystems sowie eines entsprechenden Risikomanagementsystems verpflichtet. Schließlich wird den Beschäftigten der BaFin der Handel mit bestimmten Finanzinstrumenten zukünftig verboten. Die Regelungen sind wichtig und eine angemessene Reaktion auf die Versäumnisse im Fall Wirecard. Die Stärkung der Kompetenzen der BaFin ist dringend erforderlich, damit diese ihrer Aufsichtsaufgabe zukünftig besser gerecht werden kann. Auch die Änderungen im Prüfungsverfahren und bei der Haftung der Prüfer soll zu mehr Gewissenhaftigkeit und schnellerer Aufdeckung von Bilanzbetrug führen.
Nicht zuletzt sind überfällige Änderungen bei den internen Kontrollmechanismen von Aktiengesellschaften auf den Weg gebracht worden. Ein Fall Wirecard darf sich nicht wiederholen. Dafür legen wir die gesetzlichen Grundlagen. Parallel wird der Untersuchungsausschuss Wirecard selbstverständlich das Versagen der Finanzaufsicht weiter transparent aufklären.