In dieser Woche haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum dritten Mal in dieser Legislaturperiode einen Antrag zur verpflichtenden IP-Adressspeicherung für Provider eingebracht. Wir fordern die Vorlage eines Gesetzentwurfs, der den vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeräumten gesetzgeberischen Spielraum zur Speicherung von IP-Adressen zur Verfolgung schwerer Straftaten wie des sexuellen Kindesmissbrauchs und der Kinderpornographie ausschöpft.
Der EuGH hatte am 20. September 2022 in seinem Urteil rechtliche Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Er hat u. a. entschieden, dass das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehe, die zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitraum eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der IP-Adressen ermöglicht.
Die IP-Adresse ist gerade bei Verkauf und Verbreitung von Kinderpornographie im Internet der einzige Ansatz für Ermittlungen. Darauf haben die Sachverständigen in der Anhörung hingewiesen. Über die IP-Adresse, die dem Computer beim Surfen im Internet vom Provider zugewiesen wird, können Täter identifiziert werden. Die Telekommunikationsunternehmen speichern diese Daten zurzeit allerdings unterschiedlich lange. Ohne Speicherung dieser Verbindungsdaten führen die Ermittlungen nicht selten ins Leere. So profitieren die deutschen Sicherheitsbehörden (BND, BKA, BfV) seit Jahren von den Hinweisen anderer Länder, weil bei uns der sehr strenge Datenschutz eine präventive Überwachung von Personen verhindert. Seit 2010 konnte nach Medienberichten 18 islamistische Terroranschläge aufgrund ausländischer Hinweise vereitelt werden, allein im letzten Jahr waren es zwei Fälle aufgrund von Hinweisen aus den USA. Auch bei der Verfolgung von Kinderpornografie im Internet sind wir auf Hinweisen aus den USA angewiesen. Allein 2022 wurden 89.844 Hinweise von der Non-Profit-Organisation NCMEC an das Deutsche BKA übermittelt. Damit hat sich die Anzahl der NCMEC-Hinweise in 5 Jahren mehr als verdreifacht. In etwa 20.000 strafrechtlich relevanten NCMEC-Vorgängen konnten die Tatverdächtigen mangels nicht gespeicherter IP-Adressen nicht ermittelt werden und können ihr scheußliches Treiben fortsetzen.
Seit nunmehr zwei Jahren gibt es in dieser Frage in der Ampel-Koalition keine Einigkeit. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) möchte den möglichen Rechtsrahmen nutzen, während Justizminister Marco Buschmann von der FDP dies konsequent blockiert zum Nachteil des Kinderschutzes in Deutschland. Das von Bundesjustizminister Buschmann präferierte „Quick-Freeze-Verfahren“ wird von allen Sicherheitsexperten und Kinderschutzorganisationen als untauglich bewertet, weil Daten, die nicht gespeichert wurden, nicht mehr für die Ermittlungsverfahren genutzt werden können. Auf EU-Ebene hat lediglich ein Mitgliedsstaat das „Quick-Freeze-Verfahren“ ins nationale Recht umgesetzt und diesen Ansatz inzwischen als nicht erfolgreich bewertet. Auch die Justizressorts der Bundesländer schlagen Alarm. Bundesweit türmen sich die Aktenstapel der Staatsanwaltschaften. Zum Stichtag 30. Juni 2023 lagen 850.000 offene Verfahren bei den Staatsanwaltschaften. Allein in Hamburg gibt es einen Zuwachs unerledigter Strafverfahren zwischen 2021 und 2022 von 57 Prozent. Daraus folgt, dass bundesweit nur noch jedes 15. Verfahren zu einer wirklichen Anklage führt. Ein immenser Aufwand der mit einem möglichen „Quick-Freeze-Verfahren“ um ein Vielfaches verschärft würde.
Tatsächlich wurden und werden an anderer Stelle Daten schon seit Jahrzehnten auf Vorrat vorgehalten, um sie bei Bedarf unter anderem für die Strafverfolgung nutzen zu können, wie z.B. bei Meldescheinen, Einreisedaten und Zulassungsdaten. Niemand käme auf die Idee sich darüber zu beschweren, dass Autobesitzer verpflichtet sind, mit Kennzeichen zu fahren, die im Falle von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten genutzt werden, um die Halter zu identifizieren. Nichts anderes ist eine Speicherpflicht für IP-Adressen in der digitalen Welt. Lesen Sie hier unseren Antrag.