Erstmals seit der Corona-Hochphase im Frühjahr hat das Robert-Koch-Institut (RKI) in den letzten Tagen jeweils mehr als 4000 Neuinfektionen gemeldet. Das ist ein Grund zur Sorge, wie auch Gesundheitsminister Jens Spahn festgehalten hat: Vor allem jüngere Menschen steckten sich an, auch weil sich oft für unverletzlich hielten: „Das sind sie aber nicht.“ Auch wenn die Zahlen an Todesfällen und Intensivpatienten derzeit vergleichsweise niedrig sei, handele es sich weiter um eine ernsthafte Erkrankung. Deutschland ist bislang gut durch die Krise gekommen. Es gibt kaum ein Land in Europa, dass die Krise bis hierhin so gut hat bewältigen können. Deshalb gibt es gute Gründe, zuversichtlich zu bleiben. Es liege nun „an uns allen selbst, ob wir es schaffen, das Erreichte zu sichern“, sagte Minister Spahn weiter.
Mittlerweile steigt zum Beispiel auch in Hamburg der Altersdurchschnitt der Infizierten wieder. Wenn wir die Ausbreitung der Infektion nicht kontrollieren können, dann ist es eine Frage der Zeit, bis sich auch mehr ältere Menschen wieder anstecken, bis die Zahl der schweren Verläufe und die Belastung der Beatmungskapazitäten zunimmt. Nur durch Einhaltung der Regeln können wir das verhindern. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Situation während ihrer Rede zum Bundeshaushalt gut beschrieben: „Wir erleben zurzeit, wie die Vorsicht nachlässt“, sagte sie. Es sei ja verständlich, dass sich alle wieder sehnten nach Nähe, Berührungen und Gemeinsamkeit. „Das spüre ich selbst. Da geht es mir nicht anders als anderen“, sagte sie. „Aber wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben.“ Es geht darum, durchzuhalten, aufeinander acht zu geben und die Regeln weiter zu befolgen, auch weil ein neuer Lockdown wirtschaftlich verheerend wäre. Wir können es schaffen, dass wir ohne zu große Einschränkungen des Wirtschaftslebens und des Schulbetriebs durch den Herbst und Winter kommen – bis ein sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht.
„Ich bin sicher“, sagte die Bundeskanzlerin, „das Leben, wie wir es kannten, wird zurückkehren. Die Familien werden wieder feiern, die Clubs und Theater und Fußballstadien wieder voll sein. Was für eine Freude wird das sein! Aber jetzt müssen wir zeigen, dass wir weiter geduldig und vernünftig handeln und so Leben retten können.“ Bis es so weit ist, müssen wir die Einschränkungen möglichst zielgerichtet und ohne zu große Belastungen der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens treffen. Dies betrifft zum Beispiel Beschränkungen bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, wo sich das Virus derzeit besonders rasch ausbreitet. Von den Beherbergungsverboten in vielen Bundesländern für Menschen aus Risikogebieten und einem Flickenteppich von Lösungen halte ich hingegen nichts. Die Hygienekonzepte der Hotellerie haben sich bewährt, das zeigt auch die Analyse der Infektionsrückverfolgungen. Die Regeln müssen sinnvoll und maßvoll sein, damit die gesellschaftliche Akzeptant erhalten bleibt.