Seit Beginn des Angriffskrieges sind in der 12-Meilen-Zone, dem sogenannten Küstenmeer, aber auch der in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) verstärkt russische Spionageaktivitäten zu beobachten. Schlagzeilen wie „Zeugenbefragung: Wollte Russland NATO-Daten zur Ostsee?“ (NDR), „Spionage? Drohnen über Brunsbüttel beschäftigen Politik und Polizei“ (NDR) oder „Pipeline wohl durch Schiffsanker beschädigt“(Tagesschau) erreichen uns immer häufiger. Nun haben NDR, WDR und SZ gemeinsam mit internationalen Partnern die Aktivität von rund 70 russischen Forschungsschiffen seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine ausgewertet und konnten dabei mehr als 400 einzelne Fahrten identifizieren. Bei rund 60 dieser Fahrten in Nord- und Ostsee zeigten die Schiffe auffällige Bewegungen wie Zick-Zack-Muster, Langsamfahrten oder Stopps, die laut Experten auf Datensammelaktivitäten hinweisen. Auch Bundespolizei, Marine, Nachrichtendienste und Forschungseinrichtungen bestätigen eine erhöhte Sichtung russischer Schiffe in der Nord- und Ostsee. Anfrage hierzu bleiben von russischer Seite unbeantwortet.
Seit langem habe ich als Berichterstatter für Luft- und Seesicherheit auf das erhöhte Risiko für die kritische Infrastruktur auf See hingewiesen. Es besteht ein riesiger Handlungsbedarf, um Piplines, Offshore-Windkraftanlagen oder Internetkabel besser vor Sabotageakten und terroristischen Angriffen, die insbesondere von russischer Seite drohen, zu schützen. Der potenzielle Schaden ist enorm. Was in der Luft gilt, muss auch auf der See gelten. Deshalb braucht es ein Seesicherheitsgesetz, in dem die Rechtsvorschriften gebündelt, Zuständigkeiten klar geregelt und bestehende Fähigkeiten auch genutzt werden können. Diese Forderung haben wir mit einem Antrag offiziell in den Bundestag eingebracht. Das Seesicherheitsgesetz muss das Zuständigkeitswirrwarr beenden, der Bundespolizei mehr Kompetenzen zuweisen und das Militär bei der Sicherung Unterwasserstrukturen stärker einbeziehen. (https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/russland-spionage-ostsee-100.html) (Antrag: https://dserver.bundestag.de/btd/20/107/2010726.pdf)
Dies hat auch die Öffentliche Anhörung (https://www.bundestag.de/ausschuesse/a04_inneres/anhoerungen/1009796-1009796) im Bundestag zu unserem Antrag ergeben, bei der nahezu alle Experten bestätigten, dass ein Seesicherheitsgesetz erforderlich ist. Das von Innenministerin Faeser seit langem angekündigte Kritis-Dachgesetz hängt zudem in den Abstimmungsmühlen der Bundesregierung fest. Mittlerweile gibt es dazu die vierte Fassung, aber noch immer keine Behandlung im Bundestag und noch immer viel Kritik der Verbände und Behörden. Dabei fordert die EU schon seit langem die Umsetzung der CER-Richtlinie zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen. Beim aktuellen Entwurf wird einmal mehr deutlich, wie wenig Augenmerk die Bundesregierung auf die Seesicherheit legt. Denn im aktuellen Entwurf findet man keinerlei Schutzmechanismen für die Infrastruktur auf See. Diese Untätigkeit ist in Zeiten zunehmender Spionageaktivitäten und der hybriden Kriegsführung Russlands gegen Deutschlands und den Westen gefährlich und inakzeptabel.