Jean Christophe Peaucelle, Berater für religiöse Angelegenheiten im französischen Außenministerium war diese Woche Gast bei den Innenpolitikern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie in einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu der ich als Islamismus-Experte ebenfalls eingeladen war. Wichtiges Thema war der Vergleich der Extremismus-, insbesondere der Islamismusbekämpfung in Frankreich und Deutschland. Hintergrund für die Veranstaltungen, die ich als Berichterstatter initiiert und vorbereitet hatte, ist ein Gesetz zur Stärkung der Prinzipien der Republik, das im Spätsommer 2021 in Kraft trat und sich gegen Extremismus und Parallelgesellschaften in Frankreich richtete. Dieses Gesetz ist Teil einer ganzen Reihe von Maßnahmen, mit denen Frankreich aufgrund der Bedrohungslage durch den Islamismus, entschlossen und repressiver als Deutschland in diesem Fall auch gegen den nicht gewaltbereiten Islamismus vorgeht.
Einige Aspekte des Gesetzes sind Pflichten von Fördermittelempfängern, sich auf die Prinzipien der französischen Verfassung zu verpflichten, sowie eine Offenlegungspflicht für Vereine von erheblichen Zuwendungen aus dem Ausland. Die Präfekten der französischen Provinzen erhalten zudem Befugnisse, Moscheen zu schließen, in denen gegen die Prinzipien der Verfassung, wie zum Beispiel Gleichberechtigung von Frauen gepredigt wird oder Hassreden stattfinden, damit die Missstände abgestellt werden. Auch so genannte Jungfräulichkeitsuntersuchungen wurden unter Strafe gestellt.
Über diese Aspekte und ihre Auswirkungen berichtete Peaucelle aus der Sicht eines langjährigen Kenners der islamischen Staaten und des Islam als Religion. Er zog bei seiner differenzierten Analyse der Gesetzesfolgen eine erste insgesamt positive Bilanz des Gesetzes, durch das zum Beispiel 20 Moscheen zeitweilig verboten worden seien. Die Verbote seien dann gerichtlich überprüft und in 19 dieser 20 Fälle bestätigt worden, was meist zu Umstrukturierung und Verbesserungen der Situation in den Gemeinden geführt habe. Aus deutscher Sicht sind gerade die Fragen der Auslandsfinanzierung von Gemeinden interessant, wo der Verfassungsschutz dringend weitere Ermittlungsbefugnisse benötigt.
Derzeit bestehen diese nur beim Verdacht der Terrorfinanzierung, aber nicht bei der Extremismusfinanzierung. Auch Offenlegungspflichten von Auslandszahlungen an Vereine sehen wir als Union grundsätzlich als sinnvoll an. Ebenso ist es wichtig, dass sich Fördermittelempfänger der öffentlichen Hand zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, eine Verpflichtung, die in den aktuellen Gesetzentwurf des Demokratiefördergesetzes trotz deutlicher Hinweise namhafter Experten aus unverständlichen Gründen nicht durch die Ampel aufgenommen wurde.
Fazit der Veranstaltungen war, auch wenn die Bedrohungslage und die Besonderheiten Frankreichs (Laizismus, Zentralstaat, Muslime vor allem aus Nordafrika) eine eins zu eins Übernahme eines solchen Gesetzes nicht als sinnvoll erscheinen lässt, so sind verschiedene Aspekte des Gesetzes durchaus vorbildhaft für Deutschland. Fast am wichtigsten ist, dass wir uns endlich dem Thema des Islamismus stellen und diese Bedrohung auch in Deutschland ernstnehmen, damit wir nicht irgendwann auch in unserem Land französische Zustände erleben.
Leider ignoriert die Bundesregierung die Bedrohung durch den politischen Islamismus und seine spalterische Wirkung bis heute. Vor diesem Hintergrund werden wir hier immer wieder Druck machen und dabei auch den Austausch mit Vertretern anderer europäischer Staaten fortsetzen.