Als größte Volkswirtschaft Europas und Exportnation profitiert Deutschland ganz besonders von der Europäischen Union und dem gemeinsamen Binnenmarkt. Schon für Helmut Kohl war die EU mehr als nur ein Wirtschaftsprojekt. Mehr denn je brauchen wir die EU als Garant für Freiheit, Sicherheit und wirtschaftliche Stärke. Nur gemeinsam kann es gelingen die Probleme und Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Der andauernde russische Angriffskrieg in der Ukraine, der Nahost-Konflikt, der Systemwettbewerb mit autoritären Ländern wie China, die wirtschaftliche Konkurrenz mit Industrie- und Schwellenländern, der Klimawandel, die illegale Migration sind nicht von Deutschland allein zu lösen. Wir brauchen einander in Europa mehr denn je. Wir brauchen eine Politik der Entschlossenheit, Vernunft und bürgerlichen Mitte, bei der Bürokratieabbau und Bürgernähe bestimmende Elemente sind, und mit der die EU und ihre Institutionen zukünftig in Verbindung gebracht werden müssen.
Mit 188 Sitzen ist die EVP, die Fraktion der Europäischen Volkspartei, der auch CDU und CSU angehören, im Europaparlament mit Abstand die stärkste Kraft. Das macht uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion stolz, bedeutet aber auch eine große Verantwortung, die wir in Europa tragen und der wir uns auch stellen. Deshalb haben wir in dieser letzten Sitzungswoche vor der politischen Sommerpause ein Positionspapier auf den Weg gebracht, das unsere Vorstellungen für die künftige EU-Agenda und das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission beinhaltet und damit einen wichtigen Impuls für die Europapolitik liefern soll.
Inhaltlich stehen für uns die Themen Freiheit, Sicherheit, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit sowie Klimaneutralität, Landwirtschaft und eine stabilitätsorientierte Fiskalpolitik bei der Finanzierung und Erfüllung der EU-Aufgaben im Mittelpunkt.
Mit sechs wesentlichen Themenpunkten wollen wir Europa weiterentwickeln und neue Impulse für ein sicheres, freies und wirtschaftlich starkes Europa setzten. Dazu zählt in erster Linie Europa nach außen zu schützen. Seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist klar geworden, dass es Sicherheit nicht zum Nulltarif gibt. Deshalb werden wir in die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der EU mit der Schaffung einer echten Verteidigungsunion investieren. Das bedeutet auch weitgehend gemeinsame Entwicklung und Beschaffung, Harmonisierung der europäischen Rüstungsexportregeln, engere Verzahnung der nationalen Streitkräfte sowie eine verstärkte Zusammenarbeit in der Rüstungspolitik mit eigenständige EU-Ratsformation für Verteidigungsfragen und einen EU-Kommissar bzw. eine Kommissarin für Verteidigungsfragen. Wir werden die Ukraine weiterhin mit allen politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und militärischen Mitteln unterstützen und setzen uns für mehr Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck („dual use“) ein.
Aus unserer Sicht ist Europol die zentrale Sicherheitsbehörde in Europa. Deshalb wollen wir sie zu einem europäischen FBI ausbauen. Bedrohungen im Cyberraum sowie hybriden Einflussnahmen werden wir entschieden entgegentreten durch Aufbau einer europäischen Cyberbrigade und verstärkten Abwehrmaßnahmen gegen hybride Bedrohungen. Eine weitere unverzichtbare EU-Behörde zum Schutz unserer europäischen Außengrenzen ist die Grenzschutzagentur Frontex. Wir setzen uns dafür ein, dass Frontex zu einer echten Grenzpolizei und Küstenwache an den europäischen Außengrenzen weiterentwickelt wird. Leider lehrt uns die Erfahrung, dass mit den Flüchtlingen auch Terroristen ins Land kommen können. Ganz entscheidend wird eine stringente EU-Migrations- und Asylpolitik sein, die eine rasche Umsetzung des Gemeinsamen Europäisches Asylsystems (GEAS), Konzepte sicherer Drittstaaten bei Asyl, eine europaweite Anpassung der Standards bei der Versorgung Schutzbedürftiger und den Abschluss europäische Abkommen mit Transit- und Herkunftsstaaten beinhaltet.
Neben der äußeren und inneren Sicherheit für Europa sehen wir mit Sorge auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas, insbesondere Deutschlands. China und USA sind die globalen Player in der Welt. Wenn Europa nicht den Anschluss verlieren will, dann braucht es jetzt echte Reformen, die die europäische und vor allem die deutsche Wirtschaft voranbringen, um unseren Wohlstand zu sichern. Dazu gehört neben dem europäischen „Green Deal“ den Fokus nun stärker auf Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsimpulse zu legen. Notwendige Regulierungen müssen praxistauglich und bezahlbar ausgestaltet und umgesetzt werden, insbesondere durch den Ausbau des marktwirtschaftlichen Emissionshandelssystems als zentrales klimapolitisches Instrument und Freisetzung von Investitionen in Innovationen für saubere Technologien. Projekte von besonderem gemeinsamen europäischem Interesse werden wir schneller genehmigen und einen verbindlichen Aktionsplan für weniger Bürokratie und Regulierung nach dem „One in, two out“-Prinzip auf den Weg bringen. Wir wollen einen unabhängigen europäischen Normenkontrollrat, der nach verbindlichen EU-Wettbewerbsfähigkeits-Checks, nach innen und außen gerichtete belastbare Wirkungs- und Folgeabschätzungen vor jedem Regulierungsvorschlag prüft, um die bürokratische Belastung für Wissenschaft und Forschung substanziell zu reduzieren.
Mit unserem Positionspapier zeigen wir, dass die Union eine klare Vorstellung von Europa hat, und übernehmen Verantwortung für eine zukunftsgewandte Gestaltung von Europa. Das ganze Positionspapier mit allen relevanten Vorschlägen finden Sie hier: https://www.cducsu.de/sites/default/files/2024-07/Positionspapier%20Impulse%20k%C3%BCnftige%20EU-Agenda.pdf