Die Entlassung von Arne Schönbohm als Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor knapp einem Jahr hat ein Nachspiel für Bundesinnenministerin Faeser, auch weil sie sich beharrlich weigert, sich den Fragen der Opposition zu stellen. Dabei sind die Vorwürfe schwerwiegend: Missachtung der Fürsorgepflicht für einen führenden Mitarbeiter, Entlassung aufgrund eines Fernsehberichts, dem am Ende jede Grundlage fehlte und der Versuch der Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes, um Schönbohm nach seiner Abberufung doch noch irgendeine Verfehlung anzuhängen.
Arne Schönbohm wurde kurze Zeit nach einer, übrigens immer noch in der ZDF-Mediathek verfügbaren, Sendung „Neo Magazin Royale“ des selbsternannten Satirikers und Moderators Jan Böhmermann über vermeintliche Russlandbezüge des BSI-Chefs entlassen. Die Sendung wurde am 7. Oktober 2022 ausgestrahlt, die Entlassung erfolgte am 13. Oktober aufgrund eines „Vertrauensverlustes“. In der Verbotsverfügung von Faesers Zentralabteilung Z wurde jedoch an erster Stelle der Beitrag des Fernsehmoderators Jan Böhmermann genannt. Bezüge die die Ministerin nun nicht mehr sehen will, denn die Vorwürfe Böhmermanns erwiesen sich als falsch und Arne Schönbohm hat den Moderator, aber auch das BMI inzwischen verklagt.
Da Arne Schönbohm verboten wurde, sich öffentlich zu dem Verfahren und den Vorwürfen zu äußern, strengte er ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst an. Als das Vorermittlungsverfahren noch lief, die Fakten bereits zusammengetragen waren und offenbar nichts erbrachten, reichte dies der Ministerin anscheinend nicht und sie wollte den Verfassungsschutz instrumentalisieren, um Schönbohm doch noch etwas anhängen zu können. Dies belegt ein Vermerk eines Unterabteilungsleiters, dessen Echtheit durch die Parlamentarische Staatssekretärin Schwarzelühr-Sutter inzwischen bestätigt wurde.
Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse und der erheblichen Vorwürfe beantragten wir als Unionsfraktion eine Sondersitzung des Innenausschusses, die am 12. September stattfand und der die Innenministerin erst mit Hinweis auf eine Coronainfektion, später mit Berufung auf einen Arzttermin zur Coronanachsorge, fern blieb. Wenige Stunden nach dem Ausschuss am selben Tag gab sie jedoch ein Wahlkampfinterview zur Hessischen Landtagswahl als Spitzenkandidatin der SPD. Daraufhin wurde auf Unionsantrag eine weitere Sondersitzung des Innenausschusses am 14. September einberufen, der Faeser wieder und diesmal ohne Begründung fern blieb, obwohl von vornherein klar war, dass nur sie die Vorwürfe aufklären könnte – eine grobe Missachtung des Parlaments, die wir als Union nicht hinnehmen werden. Faeser sprach später hingegen von „Klamauk“.
Das Ministerium teilte in den Sitzungen zwar mit, dass der Verfassungsschutz nicht gegen Arne Schönbohm ermittelt habe, das ist aber auch nicht der Vorwurf. Es geht vielmehr darum, ob die Ministerin hier Druck aufgebaut hatte, den Verfassungsschutz für das Loswerden eines missliebigen Beamten zu instrumentalisieren. Das legt der Vermerk jedenfalls nahe und auch, dass die Meldung außerhalb des Dienstwegs erfolgen sollte. Je länger Nancy Faeser dazu schweigt, umso schlimmer ist es für die Glaubwürdigkeit der Ministerin. Inzwischen gibt es weitere Belege, die einen Kontakt der Führungsebene des Ministeriums zum Moderator Böhmermann vor Ausstrahlung der Sendung über Schönbohm bestätigen. Ob es in den Gesprächen der Staatssekretärin Seifert um Schönbohm ging, ist unklar. Es stellt sich die Frage, ob das Ministerium vorab von der Ausstrahlung des Beitrags wusste oder schlimmstenfalls daran mitgewirkt oder dafür Informationen zugeliefert hat. Die Aufklärung durch Bundesinnenministerin Faeser selbst ist unerlässlich, weil sie die Abberufung persönlich veranlasst hat. Wenn jemand mit Dreck beworfen wurde, wie Faeser der CDU vorwarf, verkennt sie, dass mit Herrn Schönbohm ein Spitzenbeamter mit Dreck beworfen wurde, vor den sie sich nicht als Dienstherrin schützend gestellt hat und dem sie sogar verbot, öffentlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Als Innenministerin ist Frau Faeser in besonderem Maße zu rechtstaatlichem Handeln verpflichtet. Daran stehen begründete Zweifel auch vor dem Hintergrund eines weiteren öffentlich gewordenen Vermerks, der belegt, dass die Abberufung von Anfang an das Ziel war und nicht die vorurteilsfreie Prüfung der im Raum stehenden Vorwürfe. Der Umgang mit Herrn Schönbohm ist politisch und menschlich in hohem Maße unanständig.
Es gibt viele offene Fragen, die zu klären sind und dafür werden wir als Union sorgen, nötigenfalls auch mit dem Mittel eines Untersuchungsausschusses. Am kommenden Mittwoch will sich Nancy Faeser im Innenausschuss endlich den Fragen der Opposition stellen. Inwieweit sie dabei aktiv zur Aufklärung der Vorwürfe beitragen wird, wird sich zeigen.