Die letzten Wochen waren nicht einfach, weil sich einige Kollegen aus unserer Fraktion offenbar schuldig gemacht haben, egal ob diese Schuld nun strafrechtlich relevant ist oder das Handeln moralisch untragbar ist. Es darf nicht sein, dass Abgeordnete sich mittels der Vermittlung von Schutzmasken persönlich bereichern oder gegen Geld als Unterstützer autokratischer ausländischer Regierungen sind. Es hat mich persönlich betroffen gemacht, dass in den letzten Wochen immer neue Fälle ans Licht gekommen sind. Dieses unanständige Verhalten ist eines Volksvertreters unwürdig, bringt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion insgesamt in Verruf und untergräbt die Glaubwürdigkeit parlamentarischer Institutionen. Ich hoffe, dass nun das Ende der Fahnenstange erreicht ist und bin unserer Fraktionsspitze dankbar dafür, dass sie sehr schnell und konsequent gehandelt hat.
Vor diesem Hintergrund hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine 10-Punkte-Transparenzinitiative vorgelegt, die nun mit dem Koalitionspartner beraten und zeitnah umgesetzt wird. Dazu gehört das Verbot bezahlter Interessenvertretung, mehr Transparenz bei Nebeneinkünften, das Verbot des Missbrauchs der Mitgliedschaft im Bundestag zu geschäftlichen Zwecken, eine Anzeigepflicht für Aktienoptionen, die Hochstufung von Abgeordnetenbestechung oder -bestechlichkeit als Verbrechen und die Einführung eines verbindlichen Verhaltenskodexes der Fraktion, den wir in dieser Woche erstmals beraten haben. All diese Maßnahmen sind richtig und ich unterstütze sie uneingeschränkt. Die Freiheit des Mandats ist ein hoher Wert, aber die Erfahrung lehrt, dass manche diese Freiheit missbrauche. Deshalb brauchen wir mehr Regeln und mehr Transparenz. Das gilt im Übrigen für alle im Bundestag vertretenen Fraktionen.
Allerdings darf die Entwicklung nicht dazu führen, dass legitimes politisches Handeln skandalisiert wird: Natürlich haben die Abgeordneten im Frühjahr letzten Jahres in einer Notlage, als Schutzmasken absolute Mangelware waren und ein hoher öffentlicher Erwartungsdruck herrschte, Kontakte zwischen Bundesregierung und Unternehmen vermittelt, die damals liefern konnten. Das sehe ich auch als eine Aufgabe von Parlamentariern an. Skandalös ist die Provision, also Geschäftemacherei zum eigenen Vorteil in dieser Notsituation. Wir als Union stehen dazu, dass das Abgeordnetenmandat auch für Unternehmer und Freiberufler attraktiv sein muss und deshalb Nebentätigkeiten auch weiterhin möglich sind. Wenn das Parlament die gesellschaftliche Bandbreite als Volksvertretung abbilden soll, kann es in niemandes Interesse sein, wenn im Deutschen Bundestag künftig nur noch Berufsfunktionäre und Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes sitzen. Die Arbeit des Parlaments profitiert von der Sachkunde ihrer Mitglieder. Ich bemerke an vielen Stellen sehr positiv, was für eine hohe fachliche Expertise meine Kolleginnen und Kollegen in Sachfragen auch aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds als Rechtsanwälte, Steuerberater, Landwirte und Mediziner haben. Und da ein Mandat auf Zeit vom Wähler verliehen ist, muss es diesen Parlamentariern auch möglich sein, ihr Unternehmen fortzuführen.
Entscheidend ist, dass das Mandat mit aller Kraft und notwendigen Zeit zum Wohle des Volkes ausgeübt wird. Wir brauchen nicht den gläsernen Abgeordneten, aber wir brauchen klare Regeln und Mechanismen, die Missbrauch des Mandats und Selbstbereicherung aufdecken und in abschreckender Weise sanktionieren. Deshalb werden wir die angesprochenen Punkte rasch umsetzen.