Auf meinen Vorschlag reiste eine Delegation der Gruppe der Vertriebenen, Spätaussiedler und dt. Minderheiten der CDU/CSU-Fraktion im des Deutschen Bundestag letzte Woche nach Polen, um sich in der Woiwodschaft Oppeln einen Eindruck von der Situation der deutschen Minderheit und der ukrainischen Flüchtlinge zu verschaffen. Leider verhinderte eine Covid-Erkrankung meine eigene Teilnahme. Ich bin meinen Kollegen, dem Generalsekretär der CSU Stefan Meyer MdB und Frau Silke Launert MdB dankbar, dass Sie mich und die Gruppe in Polen so exzellent vertreten haben. Die Flüchtlingskrise wird in Polen – wie in Deutschland – von einem überwältigenden Engagement der ehrenamtlichen Helfer und den Kommunen bewältigt. Polen leistet angefangen von der Registrierung, über die Unterbringung bis hin zur Gewährung von Sozialleistungen Großartiges für die mehr als zweieinhalb Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Woiwodschaft Oppeln, die kleinste des Landes, hat eine Task Force ins Leben gerufen, um die Aufnahme von bis zu 10.000 Flüchtlingen täglich zu meistern. Zudem hat die Woiwodschaft mehrere Krankenwagen und Verbandsmaterial in die ukrainische Partnerstadt Iwano-Frankiwsk geliefert. Auch die deutsche Minderheit beweist große Solidarität und stellt den Flüchtlingen ihre Einrichtungen zur Verfügung. Die Hilfslieferung unserer Gruppe mit Körperpflegemitteln, Hygieneartikeln und Windeln, die Beiersdorf und Edeka Niemerszein auf meine Bitte hin gespendet hatte, sind sehr dankbar von den ukrainischen Frauen angenommen worden. Die erschütternden Berichte der geflohenen Frauen, etwa aus Charkiw, Mariupol oder Schytomyr, bestätigen den menschenverachtenden, brutalen Krieg Putins gegen die ukrainische Bevölkerung.
Bei der Reise ging es aber nicht ausschließlich um die Flüchtlingssituation. Die Gruppe der Vertriebenen wollte sich auch einen einen Eindruck von der Situation der deutschen Minderheit verschaffen. Der deutschen Minderheit in Polen droht aufgrund der massiven Einschränkung des muttersprachlichen Deutschunterrichts an Schulen mittel- bis langfristig der Verlust der kulturellen Identität. Durch die Verordnung des polnischen Bildungsministeriums, die ab 1. September 2022 in Kraft tritt, wird der Deutschunterricht als Minderheitensprache von drei auf eine Wochenstunde gekürzt. 50.000 Kinder sind hiervon betroffen. Dies ist eine eindeutige Diskriminierung und ein eklatanter Verstoß gegen die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen. Laut den Rektorinnen der betroffenen Grundschulen in der Woiwodschaft Oppeln, dem Zentrum der deutschen Minderheit mit ca. 300.000 Angehörigen in Polen, sind die Auswirkungen der Mittelkürzung um zehn Millionen Euro schon jetzt spürbar. Polenweit droht ca. 500 Deutschlehrerinnen und -lehrern die Entlassung. Das Schulwesen der deutschen Minderheit ist nach 30 Jahren Aufbauzeit – bis 1990 war in der kommunistischen Volksrepublik die deutsche Sprache verboten – auf der Kippe.
Die PiS-Regierung muss ihre Entscheidung, die alten nationalistischen Reflexen geschuldet ist und die deutsch-polnische Freundschaft belastet, sofort zurücknehmen. Die Bundesregierung hat bislang nicht den Ernst der Lage erkannt und keine Anstrengungen unternommen, um die PiS-Regierung zum Einlenken zu bewegen. Die zuständige Innenministerin ist jetzt gemeinsam mit Außenministerin Baerbock gefordert, hier umgehend zu intervenieren. Wir unterstützen die geplante Klage des Dachverbandes der deutschen Minderheiten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und haben die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, persönlich um Unterstützung bitten.